Was für ein Wochenende! Eine Art von Auferstehung. Ein toller Neustart nach drei langen Jahren der Zwangspause. Und Spitzensport, von dem man Gänsehaut bekommt: Richard Vogel gewinnt das Weltcupspringen. Matthias Rath ist neuer German Master auf dem Dressurviereck. Sophie Hinners hat den Durchbruch zur Weltspitze geschafft. Und und und…

Steve Guerdat wie man ihn kennt und schätzt: „Im Namen aller Reiterinnen und Reiter sage ich  Anerkennung und Dank an alle, die dieses tolle Turnier organisiert haben. Dass wir unseren Sport auf so einer Bühne und vor so einer Tribüne zeigen dürfen, das ist einfach großartig. Genf ist mein Lieblingsturnier, aber Stuttgart gehört für mich zu den besten Turnieren der Welt.“ 2017 war Steve der Sieg im Großen Preis gelungen, damals auf Hannah. Die Statistik zeigt aber auch, dass der Olympiasieger von London insgesamt sechsmal mit Platz zwei vorlieb nehmen musste.

Neben ihm auf dem Podium vor der Presse  saß der sichtlich geschaffte Richard Vogel. Sein sensationeller Ritt im Stechen, der zum Sieg im fünften Weltcupspringen der Saison 202/23 geführt hatte – irgendwie schien es, als habe Richard das Ganze noch gar nicht so recht begriffen: „Die Frage ist ja immer, wie viel will man riskieren? Heute waren Familie und Freunde hier, in dieser Halle wirst du getragen und beflügelt vom Publikum. Ich weiß um die Qualität von United Touch.“ Und Steve Guerdat, allerbestens gelaunt, steuerte noch diese kleine Episode bei: „Vor Jahren ist mir Richards United Touch aufgefallen in einer Yongster-Tour. Damals dachte ich: das ist das langsamste Pferd, das ich je gesehen habe. Jetzt wissen wir, dass dieses Pferd den größten Galoppsprung von allen besitzt.“

Richard und Sophie (Hinners) – das ist das neue Traumpaar des deutschen Springsports. Am späten Freitagabend hatte sie im Sattel der neunjährigen Stute FBW Graphik, gezogen von Graf Rhapsody aus einer Mutter von Numero Uno, den zweiten Platz belegt im Stechen um den German-Master-Titel. Bereits am Samstag kursierte das Gerücht, die Stute, die dem Haupt- und Landgestüt in Marbach gehört, sei nach Belgien verkauft.

Richard Vogel dazu: „Ja, das stimmt. Die Verkaufsgespräche liefen allerdings schon einige Zeit. Mit dem Erfolg beim Masters hat der Verkauf, der jetzt perfekt ist, eigentlich nichts zu tun.“ Ich sag’s mal kurz und knapp: Das ist heute die Realität im internationalen Springsport. Das kann einen auch nachdenklich machen: Wieder ein gutes Pferd ist Ausland verkauft.

Blicken wir an diesem verregneten Montag auf den Zwischenstand im Weltcup nach fünf von 14 Stationen: Henrik von Eckermann, der Weltmeister, hat sich standesgemäß an die Spitze geritten, wurde in Stuttgart Vierter auf Iliana. Dann folgen Kevin Staut und Jur Vrieling, die beide gepunktet haben. Richard Vogel liegt aktuell auf Rang sieben. Er sagt: „Wie es in Sachen Weltcup weitergeht, das weiß ich noch nicht, das werden wir in den nächsten Tagen intern besprechen. Ich habe vor, demnächst nach Wellington zu fliegen.“ Dort, das ist ja klar, geht’s für ihn darum, Pferde zu verkaufen. Das ist sein Geschäft. Ob er also darauf abzielt, im April beim Finale in Omaha/Nebraska dabei zu sein, ist noch offen.

Obwohl wir ja erst die Station Nummer fünf hinter uns haben, zeigt die Auswertung, dass bis dato 104 Aktive teilgenommen haben, 58 davon konnten wenigstens einen Punkt ergattern. Die Zahlen werden weiter steigen: Nächste Stationen in diesem Jahr sind Madrid (27. November), La Coruna (4. Dezember), London (19. Dezember) und Mechelen (30.Dezember)

Kurz noch zur Weltcupkür und den Punkteständen: In der Dressur war Stuttgart die dritte von elf Stationen auf dem Weg ins Finale von Omaha: Benjamin Werndl führt vor Ingrid Klimke, Isabell Werth und Patrick Kittel. Wichtig zu wissen: Für Deutschland bleiben nur drei Startplätze, wovon einer bereits an Jessica von Bredow-Werndl als der Titelverteidigerin vergeben ist. Alles ziemlich eng also. 51 Aktive haben bisher teilgenommen, alle konnten punkten. Die nächsten Stationen: Madrid (27. November), Basel (15. Januar) und Amsterdam (29 Januar).

Wer mehr wissen will: FEI Dressage World Cup