Eigentlich war doch alles klar wie Kloßbrühe: Isabell Werth startet beim German Master mal wieder in vier Prüfungen – und schafft vier Siege. Das klappt problemlos, weil ja Jessica von Bredow-Werndl ihre Dalera nicht mitbringt und ihr Bruder Benjamin seinen Famoso daheim lässt. Pustekuchen! Isabells Emilio vertrat sich beim Abreiten zum Grand Prix heute Vormittag, sie musste absitzen – die Quali und der Start im Masterfinale am Sonntag waren futsch. Und in der Weltcupkür vor ausverkauftem Haus glückte Ingrid Klimke und ihrem Franziskus eine 83,440-Runde – Isabells Quantaz hingegen ging gut, aber nicht fehlerfei. Am Ende „nur“ Rang zwei.

Ob es Jessica von Bredo-Werndl bereut hat, nur mit ihrem Ferdinand an den Neckar gekommen zu sein, das weiß ich nicht. Jedenfalls musste die Olympiasiegerin in der Kürtour mit einem Rang sieben im Grand Prix und gar mit Rang zehn in der Kür vor ausverkauftem und in Hochstimmung befindlicher Kulisse vorlieb nehmen. Der von vielen erhoffte Zweikampf zwischen ihr und ihrer früheren Trainerin fand leider nicht statt. Für Ingrid Klimke bedeutete das: „Ich hatte heute gute Laune, deshalb hab‘ ich für meine Kür ja auch gute-Laune-Musik ausgewählt. Mein Pferd hat sich angestrengt, war die ganze Zeit bei mir. Ich hatte nicht mit einem Sieg gerechnet. Der Sieg ist cool!“

Ingrid hat nach eigenem Bekunden die Trainingsarbeit mit Franz, wie sie ihn nennt, seit Herning umgestellt: „Vor der WM habe ich wohl zuviel gemacht, immer nochmal und nochmal an den Kleinigkeiten gefeilt. Das wurde meinem Pferd dann zuviel und er war müde. Im Dezember fahr‘ ich mit ihm in die Olympia-Hall nach London.“ Quantaz bekam 82,030 Punkte.

Isabell zeigte sich selbstkritisch: „Gleich die erste Pirouette ging daneben, dann hatte ich Fehler in den Zweier-Wechseln. Ich muss noch feilen an dieser Kür. Aber insgesamt bin ich absolut happy, denn wir sehen mit Quantaz eine super Entwicklung. Ich hatte heute einige Fehler – Ingrid blieb praktisch fehlerlos. Deshalb hat sie gewonnen und nicht ich. Ich fahre nicht nach London, sondern nach Stockholm und nach Basel.“

Benjamin Werndl schwankte etwas: „Mein Daily Mirror ist bekanntlich 18. Heute hat er Werbung gemacht für unseren Sport. Ich werde ihn noch einige Monate reiten – dann soll seine Karriere ausklingen. Meine Kür läuft zu afrikanischen Klängen, denn das mögen seine Besitzer. Auch ich fahre nach Stockholm und Basel. Mit Famoso.“ Heute habe es in Stuttgart, so Benjamin, „eine Weltcupfinalstimmung gegeben“. Schwester Jessica wird’s wohl ebenso reisen, dann natürlich mit Dalera.

Über der Marke von 80 Prozentpunkten blieben heute im Hexenkessel der Schleyerhalle sieben Pferde, darunter Dinja van Liere und Emmelie Scholtens aus den Niederlanden, die ihren Weg nach Stuttgart bewusst auf sich genommen haben. Sie wurden von der berühmten „Stuttgarter Stimmung“ regelrecht mitgerissen. Auch Frederic Wandres auf Bluetooth und Dorothee Schneider mit ihrem Faustus zeigten ansprechende Runden – beider Wege gehen aufwärts. Monica Theodorescu war’s zufrieden. Sie sagte im Vorfeld: „Endlich wieder das German Masters mit dem bekannten Prüfungsprogramm. Genau das brauchen wir.“

Morgen im Finale um den German Master ist alles offen. Matthias Rath, vor 15 Jahren zuletzt hier am Start, lobte: „Stuttgart ist wirklich ein tolles Turnier.“ Dazu strahlte er, denn sein unverhoffter Sieg auf Destacado in der Quali zum Finale war sein bester Erfolg seit langer Zeit. Rath ballte die Faust – man spürte, dass er sich Hoffnung macht, morgen den prestigeträchtigen Titel zu holen. Carina Scholz und ihre Soiree d’Amour wurden Zweite, Jasmin Schaudt auf Fano Dritte. Es gibt gewiss ein spannendes Finale – Isabell wird ihrer Chance, den Titel zum 16. Male zu gewinnen, ganz gewiss nachtrauern. Aber so ist es nun mal: Erstens kommt es anders – na, ja, Sie wissen schon.