Ein alter Freund und Weggefährte feiert heute seinen 80. Geburtstag: Udo Lange, der Reitmeister, der sechsfache Champion der Berufsreiter, der Ausbilder von vielerlei Pferden und Reitern. Aber auch der begnadete Witzeerzähler, ein Feierbiest vom Feinsten, zugleich ein kritischer Zeitgenosse und Zeitzeuge deutscher Geschichte nach 1945. Ein profunder Kenner des Sports mit den Pferden, ein passionierter Pferdemann der alten Schule – die mir heute moderner erscheint als je zuvor. Glückwunsch und Chapeau!

Ich sehe uns noch da sitzen auf unseren Feldbetten im Stall beim Turnier in Ebingen-Tailfingen auf der Schwäbischen Alb in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Udo Lange, Hansi Braun und Joachim Zahn, die drei „Stifte“ des Reitmeisters Herbert Aust vom Reiterverein in Ludwigsburg. Ich selbst war noch Gymnasiast, kümmerte mich über so manches Wochenende um die Pferde des Stuttgarters Erich Weber-Bleyle – ein Militaryreiter, zwar Amateur, aber doch hoch professionell. Abends, im Stall von Ebingen-Tailfingen, hatten Udo und seine Freunde noch allerhand zu tun: Sie hatten ihr Zaumzeug vor sich, polierten mit feinen Lappen die Kandarengebisse. Und damit die Kinnketten nicht geklaut werden konnten, verstauten sie die Jungs über Nacht in ihren Schlafsäcken!

Wann ich Udo zum ersten Mal getroffen habe, weiß ich nicht mehr – aber soviel weiß ich noch: Udo ritt einen flinken Braunen namens Waffenschmid, der Dr. Franz Haumer gehörte, dem damaligen Vizevorstand des Reitervereins mitten in Ludwigsburg. 1966 gewann Udo die Baden-Württembergische Meisterschaft – die heutige Vielseitigkeit hieß damals noch Military und war benannt nach Ludwig  Stubbendorf, einem Reiterhelden der Kriegs- und Vorkriegszeit. Damals gab’s übrigens auch Turniere, wo man nur Geländeritte der verschiedensten Anforderungen reiten konnte.

Gegen Ende der sechziger Jahre nahm Udo das Angebot des Stuttgarter Bauunternehmers Fritz Epple an, in dessen Stall am Albplatz in Degerloch die Ausbildung seiner Dressurpferde und seiner Tochter Barbara zu übernehmen. Der aufstrebende Jungprofi machte sogleich dem etablierten Wolfgang Haug sportlich das Leben schwer. Fritz Epple hatte den Ehrgeiz, Wolfgang Haug mit seinen Pferden paroli zu bieten. Mit Haugs Bereiter Bernd Noske verbindet Udo bis heute eine enge Freundschaft. 1970 hab‘ ich mit dem Journalismus rund um die Pferde begonnen – Udo war in Jahren Jahren mehr und mehr mein Thema. Für ihn ging es ziemlich steil bergauf.

Unvergessen sind mir unsere abendlichen Besuche in der Alten Atlantik Bar an der Büchsenstraße, unweit der Liederhalle – einem legendären Jazzkeller, in dem damals vor allem die Profis der 82. US-Army-Band ganz privat auftauchten, gegen Bier und Essen ihre Instrumente auspackten und in dem total verrauchten Gewölbe spielten ohne Pause. Der Keller war Kult. Auch Louis Armstrong hat dort gespielt – leider waren wir nicht dabei!

Die Buschreiterei hat Udo Lange damals aufgegeben, sich ganz auf die Dressur konzentriert. Mitte der Siebziger hat er sich in Pforzheim selbständig gemacht. Damals, ich erinnere mich noch gut, bildete er den imposanten Fuchs Furioso aus dem Besitz des Ulmer Ehepaare Christ bis zum Grand Prix aus. Reiner Klimke hat seinerzeit ein Auge auf diesen Fuchs geworfen, wollte ihn gerne als Ersatzpferd für seine internationale Karriere in Beritt nehmen. Udo hatte das Nachsehen, musste das Pferd abgeben, war einer der ersten Berufsreiter, die lernen mussten, wie sinnvoll es wäre, sich mit Pferdebesitzern per Vertrag über die Modalitäten zu einigen, ehe es zu Streit und Problemen kommen kann.

Es ist heute, an seinem 80. Geburtstag, nicht notwendig, alle Erfolge aufzulisten, die Udos Karriere kennzeichnen. Darüber ist er erhaben. Vieles ist Vielen bekannt. Eher wenige wissen, dass er aus Dresden stammt, in den Wirren der frühen sechziger Jahre vor dem Mauerbau es noch rechtzeitig in den Westen schaffte. Im Stall Kordes am Ohligser Weg in Hilden bei Düsseldorf liegen seine Anfänge auf dem Weg zum Berufsreiter – wie der Zufall es will: In diesem Stall, später gepachtet von Reitmeister Robert Schmidtke, hab‘ ich von 1966 bis 1969 meine Bereiterlehre absolviert.

Ich sag’s mal so: Wir treffen uns eher selten, haben uns aber nicht aus den Augen verloren, sind, wie ich meine, durchaus seelenverwandt: Die Passion zu den Pferden, dieses nie Auslernen bis in unsere Tage,  das verbindet uns. Wo genau Udo heute seinen 80. feiert, weiß ich nicht. Das spielt auch keine Rolle. Ich denke an unsere gemeinsame Zeit. Er lebt mittlerweile im niedersächsischen Medingen.

Auf diesem Wege wünsche ich meinem Freund und Weggefährten Udo Lange von Herzen alles Gute!