Ich schaffe es nicht, hier und heute auch nur den Anschein zu erwecken, als wäre der Sport mit den Pferden der Mittelpunkt der Welt. Was wir seit einer Woche in Israel und im Gazastreifen sehen und nicht begreifen können, was sich seit einer gefühlten Ewigkeit in der Ukraine abspielt – das alles ist wider jegliche Vernunft. Der Hass nimmt kein Ende, der Wille zum Frieden kann sich nicht durchsetzen. Die Politik steht dem hilflos gegenüber, was sie selbst angerichtet hat. Und was tun wir? Wir blicken an diesem Wochenende nach Oslo, wo die vorolympische Saison des Weltcups beginnt. Apropos Olympia. In uralter Zeit war es Gesetz, dass während den Olympischen Spielen die Waffen ruhen müssen.

Der Sport hat, so sehe ich das, seit alters her die Aufgabe, sich um den Frieden zwischen den Völkern zu bemühen. Dafür sind die fairen Wettkämpfe und das Einhalten der Regeln ureigentlich gedacht. Mitunter kommen mir ernste Zweifel, ob wirklich alle, die im Sport unterwegs sind, ganz gleich an welcher Stelle, sich allen Ernstes um Frieden und Fairness bemühen. Man sucht vielmehr mit Macht den eigenen Vorteil – gerne auch auf Kosten anderer. Ein US-Springreiter ist dieser Tage, nach langen Verfahren, auf zehn(!) Jahre gesperrt worden, weil er gegen sein Pferd Elektroschocks verwendet hatte.

Auch wenn es hier ein wenig nach Pathos klingt: Mit dem Weltcup der Springreiter, in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts vom Schweizer Max Ammann erdacht, sollte ein Projekt begründet werden, das die Springreiterei als einen weltumspannenden Sport ins Rampenlicht rückt. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Viele haben zum Erfolg beigetragen: Veranstalter und Sponsoren, Reiter und Besitzer, das Publikum und die Medien, natürlich die Zuschauer rund um den Globus.

Als erster Sponsor hat der schwedische Automobilkonzern Volvo den Weltcup geprägt. Danach übernahm der Uhrenkonzern Rolex die Sponsorschaft, seit 2013 ist es der Uhrenkonzern Longines. Wir Mitteleuropäer neigen übrigens dazu, den Weltcup als den Mittelpunkt der Erde zu sehen und zu fühlen. 14 Stationen hat die aktuelle Serie 2023/24, die jetzt in Oslo startet, kommende Woche in Helsinki gastiert. Danach geht’s nach Lyon, Verona und Stuttgart.

Das Cupfinale 2024, organisiert von Volker Wulff und seiner Agentur Engarde, findet Mitte April in Riyadh statt, der Metropole des Königreichst Saudi-Arabien. Spätestens an dieser Stelle sehen wir deutlich, dass der Sport auch politisch ist. Ich wundere mich immer wieder, wenn ich höre, dass es Leute gibt, die diese Erkenntnis beharrlich leugnen.

In Oslo ist zum Auftakt der Saison ein starkes Feld vertreten: Martin Fuchs und Steve Guerdat, Max Kühner und Ben Maher, Eric und Maikel van der Vleuten, Henrik von Eckermann und Kevin Staut, Mario Stevens und Philipp Schulze Topphoff. Das Starterfeld für Helsinki ist noch nicht offiziell, dürfte aber nur wenig anders aussehen als das von Oslo.

Schaut man auf das gesamte Tableau dieser Weltcupsaiaon, so stößt man auf kuriose Fakten: Die China League beispielsweise ist „cancelled“. Gleichwohl gibt’s dieser Tage mal wieder ein internationales Turnier im berühmten Olympiastadion von Peking, dem „Vogelnest“. In der Australien League stehen acht Turniere auf dem Plan, in der „Middle-East-Sub-League“ sind es sieben, darunter Kuwait, Abu Dhabi und Riad; wir sehen, dass sich der nahe Osten mehr und mehr um den Reitsport bemüht. Wobei immer klarer wird, dass man dort darauf setzt, alsbald die Olympischen Spiele ausrichten zu dürfen. Ein hochpolitisches Thema.

In Japan hat der Weltcup sieben Turniere, darunter Osaka und Fuji. In Neuseeland sind es fünf, darunter Cambridge. In Südafrika sind es sechs Qualifiers. In Südamerika sind es fünf, darunter Sao Paulo und Rio de Janeiro. In Australien hat der Weltcup acht Stationen. So weit, so gut. Wer’s ganz genau wissen möchte, dem sei die Internetseite der fei.org ans Herz gelegt. Ich wär‘ ja schon froh, wenn unser Sport mit den Pferden einen bescheidenen Beitrag zu mehr Frieden in der Welt leisten könnte.