Seit vielen Wochen pfeifen es die Spatzen in Aachen und Warendorf von den Dächern. Nun ist es (endlich) offiziell und amtlich. Der Aachen-Laurensberger Rennverein und die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) bewerben sich beim Weltverband (FEI) um den Zuschlag zur Ausrichtung der Weltmeisterschaften 2026. In der Soers, wo 2006 schon einmal die Weltreiterspiele stattgefunden haben, will man die Titelkämpfe in sechs Disziplinen veranstalten: Springen und Dressur, Para-Dressur und Vielseitigkeit, Gespannfahren und Voltigieren. Die Entscheidung fällt auf der FEI-Jahrestagung am 18. November in Mexiko City.  

Wer mich kennt, der weiß, dass ich nach wie vor ein Fan der Idee von den Weltreiterspielen bin. Alle vier Jahre alle olympischen und (sofern gewünscht) auch nicht-olympischen Disziplinen an ein und demselben Ort. 1990 war die Premiere in Stockholm, 1994 waren wir in Den Haag, 1998 in Rom, 2002 in Jerez de la Frontera, 2006 in der Aachener Soers, 2010 in Lexington/Kentucky, 2014 in der Normandie und 2018 in Tryon/North Carolina.

Aachen 2006, so heißt es bis heute, hat die einzigen Weltreiterspiele organisiert, die finanziell mit schwarzen Zahlen ausgegangen sind. Bei allen anderen blieben nur rote Zahlen, dazu Hader und Zank zwischen den Verantwortlichen. Mark Belissimo, der flotte US-Manager und Freund von Donald Trump, hat die letzten Weltspiele 2018 in North Carolina leider vor die Wand gefahren. Also hat man diese gute Idee notgedrungen zu den Akten gelegt. Dabei ist unstrittig, dass die Reiterei bei all diesen Spielen die unbezahlbare Chance bekam, sich weltweit vorzustellen binnen zweier Wochen. Für uns Medienleute war es geradezu genial, in solch kurzer Zeit alle Titelkämpfe miterleben zu können.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Ich weiß sehr wohl, dass eine WM mit sechs Disziplinen anno 2026 in der Soers keine Rückkehr bedeutet zur alten Idee der Weltreiterspiele. Aber ich bin ganz sicher, dass wir in knapp drei Jahren in der Soers eine Atmosphäre erleben werden, die uns faktisch und emotional an die großartigen Spiele von 2006 erinnert. „Reiten mit Gänsehaut“ nennen die Aachener und die FN das in ihrer offiziellen Mitteilung. Damit haben sie recht.

Wissen muss man aktuell allerdings auch dies: Aachen ist der einzige Bewerber mit einem großen Konzept über sechs Disziplinen; bei den alten Weltspielen waren es zuletzt acht. Nun ist es aber so: Die traditionellen Zentren der Vielseitigkeit im niederländischen Boekelo und im britischen Burghley haben sich bei der FEI um die Austragung der Vielseitigkeits-WM beworben. Das Turnierzentrum von Samorin in der Slovakei sowie in das Reiterzentrum von Al Ula in Saudi Arabien möchten in drei Jahren die WM im Distanzreiten ausrichten.

Ob die Aachener bereit wären, zugunsten von Boekelo oder Burghley auf die Vielseitigkeit zu verzichten, das weiß ich nicht. Was ich aber weiß ist, dass das Distanzreiten nach all den zum Teil haarsträubenden Skandalen der vergangenen Jahre seine Reputation restlos verspielt hat. Ebenso geht’s mir mit dem sogenannten Modernen Fünfkampf, wo man dieser Tage aus dessen Reihen erneut ein selbstgerechtes Lamento zu hören bekommt. Und das ausgerechnet von jenen Aktiven, die in Tokio den ganzen Schlamassel selbst angerichtet haben.

Ich bleibe da wie dort bei meiner harten Haltung: Das Distanzreiten hat keine Unterstützung mehr verdient, der sogenannte Moderne Fünfkampf ebenso nicht.

Am 18. November werden die Aachener von der FEI-Generalversammlung den Zuschlag bekommen. Da bin ich mir sicher. Schaut man auf den Kalender, dann zeigt sich, dass von da an bis zum Sommer 2026 nicht mehr allzu viel Zeit bleibt, um ein Event dieser Größe vorzubereiten. Das können nur die Aachener. Die nächste Frage lautet: Was wird aus dem traditionellen CHIO für das Jahr 2026? Wer mindestens so alt ist wie ich, der erinnert sich: Anno 1986 gab’s in der Soers die WM der Springreiter, übrigens gewonnen von einer Dame aus Kanada: Gail Greenought auf dem Hannoveraner Mr. T. Ihr „Tschio“ mussten die Aachener damals an Donaueschingen abgeben.

Da fällt mir ein: Das könnten die Aachener 2026 gerne wieder tun. Denn dann herrscht in Donaueschingen ja eine neue Ära unter der Direktive von Matthias Rath und seinem Team.