Finstere Jahre für die deutschen Militaryreiter: 1998 in Pratoni ein Debakel, 2002 im spanischen Jerez de la Frontera eine Katastrophe: Kein deutscher Reiter erreicht das Ziel! Sogleich der Trost vorweg: 2006 in der Aachener Soers holt die Equipe der Gastgeber WM-Gold! Die Krise unserer Buschreiter war überwunden.

Im glutheißen Adalusien organisierten die passionierten Spanier eine wunderschöne WM. Auf dem Dressurviereck glänzte Nadine Capellmann mit ihrem Fuchs Farbenfroh als neue Titelträgerin nach Grand Prix, Special und Kür. Ulla Salzgeber auf Rusty holte den Titel in der Kür. Die Springreiter brachten nicht viel zuwege, die Militaryreiter rein gar nichts. Traurig aber wahr. Die Daten des Geländetages: Erste Wegestrecke 4400 Meter, Rennbahn über 3105 Meter, Bestzeit 4.30 Minuten. Wegestrecke zwei 6000 Meter, Querfeldeinstrecke über 6480 Meter mit 30 Hindernissen und 45 Sprüngen, Richtzeit 11.30 Minuten.

Im FN-Buch „Weltreiterspiele Jerez 2002“ lesen wir: „Die Hoffnungen des Parcourschefs Michael Tucker gingen am Geländetag nicht in Erfüllung, und auch die Medaillenträume der Deutschen zerplatzten wie Seifenblasen. Nur 50 der 80 gestarteten Teilnehmer passierten die Ziellinie, darunter nur eine einzige Deutsche. 22 Stürze wurden am Ende gezählt, dazu 40 Verweigerungen – eine traurige Bilanz, vor allem im Hinblick auf die drohende Gefahr, aus dem olympischen Programm gestrichen zu werden.“

Machen wir’s also kurz: Bettina Hoy verzichtete mit ihrem Woodsides Asby nach dem Gelände auf das Springen, weil sie bereits 75,20 Strafpunkte gesammelt hatte: „Hier macht das Reiten einfach keinen Spaß“, so die Begründung. Herbert Blöcker musste seinen Chicoletto vor dem Springen verletzt zurückziehen, Inken Johanssen gab mit Brilliante nach einem Sturz im Gelände auf, obschon sie nach dem damaligen Regeln hätte weiterreiten können, Andreas Dibowski und sein Leonas Dancer schieden aus. Das war’s. Intern schob man manches auf die übertrieben schwere Geländestrecke.

Schauen wir auf diejenigen, die in Jerez besser zurecht kamen: Einzelgold für den Franzosen Jean Teulere auf Espoir de la Mare, Silber für die Britin Jeanette Brakewell auf Over you to, Bronze für die Finnin Pila Pantsu auf  Ypala Karuso. Das Teamgold sicherten sich einmal mehr die US-Reiter vor den Franzosen und den Briten.

Zum Schluss dieser kleinen Rückschau auf die Ereignisse  vor zwanzig Jahre: In dem besagten Buch, aus dem ich zitiere, findet man den Begriff Military nicht mehr – Vielseitigkeit heißt es da durchgängig. Kein Zweifel, in der Szene hatte ein Umdenken begonnen und sich immer weiter verbreitet. Alle spürten, dass die Ära der endlos langen Ritte der Vergangenheit angehörte – die Military musste quasi ins Museum. Einzig die Briten und die Iren wehrten sich, wollten partout am alten Format festhalten – frei nach dem Motto „Gelobt sei, was hart macht!“ Wer heute die Kurse von Badminton und Burghley sieht, der spürt ganz heftig, wie man dort noch immer denkt: Military ist nix für Weicheier!

Meine Rückschau auf die WM von Aachen 2006 gibt’s morgen.