Die Art und Weise, wie Matthias Rath seinen schwarzen „Wunderhengst“ trainiert, spaltet die Fachwelt. Seit Wochen tobt der Meinungskrieg in den Medien.

Fotos machen die Runde und Videos im Internet, auf denen man sieht, wie der hochgewachsene Matthias Rath den Kopf seines edlen zwölfjährigen Rappen Totilas mit kräftigem Ziehen an den Zügeln vor die Brust des Hengstes zieht. „Rollkur“ nennt sich das in der Fachsprache der Reiter – die gilt als verpönt, nicht in Einklang zu bringen mit der klassischen Reitkunst, die die Deutschen zur erfolgreichsten Nation auf dem Dressurviereck gemacht hat.

Die Fachwelt ist gespalten. In den Niederlanden schwört man auf das extreme Gymnastizieren der Pferde, nennt es „modernes Reiten“, verweist gerne darauf, gerade die Deutschen mit ihrem Festhalten an überkommenen Methoden ein ums andere Mal besiegt zu haben. Das lässt sich nicht leugnen. Und weil Totilas, der für zehn Millionen Euro aus den Niederlanden an Paul Schockemöhle und Ann-Katrin Linsenhoff verkauft worden ist, die „Rollkur“ von klein auf kennt, deshalb zieht sein neuer Reiter Matthias Rath jetzt auf dem Trainingsplatz so heftig an den Zügeln.

An diesem Beispiel stellt sich einmal mehr die alte Frage: Heiligt der Zweck die Mittel? Ist diese rustikale Reitmethode zulässig, weil es schließlich darum geht, bei den olympischen Spielen in London Gold zu holen? Die Antwort ist ein klares Nein. Am Wochenende in Balve zeigte sich Totilas lustlos und widerspenstig, bei drei Starts gab es zwei Niederlagen. Die rein deutsche Jury griff trotzdem tief in ihre Punktekiste. Das es sollte ein Zeichen sein an die internationale Konkurrenz: Mit unseren Pferden ist im Greenwich Park zu rechnen – Reitweise hin oder her.

Doch die Rechnung könnte in die Hose gehen. Denn auf dem Viereck in London sind die Engländer die klaren Favoriten. Keiner von ihnen pflegt die „Rollkur“ – sie alle trainieren ihre Pferde auf die klassische, die bewährte deutsche Art. Das wäre auch für Totilas der einzig richtige Weg.