Der Schweizer Steve Guerdat holt Gold – Marcus Ehning und Plot Blue nur Zwölfter. Der 30-jährige Profi Steve Guerdat aus dem Schweizer Jura ist neuer Olympiasieger der Springreiter.

Im ausverkauften Greenwich Park vor 20 000 Zuschauern schaffte der Teameuropameister von 2009 auf seinem französischen Wallach Nino als einziger zwei fehlerfreie Parcours. Vor vier Jahren in Hongkong hatte Guerdat mit der Equipe der Eidgenossen Teambronze gewonnen. Silber und Bronze gingen gestern nach einem spannenden Stechen an den Niederländer Gerco Schröder auf London und an den Iren Cian O’Connor auf Blue Lloyd. O‘Connor gönnen viele in der Reiterszene die Medaille nicht: 2004 in Athen war er als Olympiasieger nachträglich disqualifiziert worden, weil er sein Pferd mit einem Psychopharmaka gedopt hatte.

Für die deutschen Springreiter gab es auch gestern keine Medaille. In der ersten Runde des Finalspringens hatte Marcus Ehning, Mannschafts-Olympiasieger von Sydney 2000 auf dem Hengst For Pleasure, seinen niederländischen Hengst Plot Blue in überragender Manier fehlerfrei ins Ziel gesteuert: „Hier und heute eine Medaille – das wäre ein Traum!“, sagte er in der Halbzeitpause. Meredith Michaels-Beerbaum, die nach zwei Fehlern von Bella Donna am Wassergraben und in der dreifachen Kombination die zweite Runde verpasste, war trotzdem zufrieden:

„Meine Stute ist erst neun Jahre alt, heute hat ihr die Kraft gefehlt und auch ein wenig die Erfahrung.“

Bundestrainer Otto Becker lobte: „Meredith hat sehr gut geritten. Bella Donna gehört die Zukunft.“ In der entscheidenden zweiten Runde unterliefen Ehnings Plot Blue zwei Abwürfe, die am Ende Rang zwölf bedeuteten. Ehnings erster Kommentar: „Schade, wir reiten hier in London ein wenig im Pech. Ich glaube, heute wäre mehr drin gewesen, aber auch mein Pferd war am Ende etwas müde.“ Die herausragende Leistung dieses Einzelfinales aber zeigte der 65-jährige kanadische Profireiter Ian Millar, der auf dem elfjährigen Niederländer Star Power den neunten Platz belegte – bei seinen zehnten olympischen Spielen. Millar sagte: „Es war einfach großartig für mich, noch einmal hier dabei sein zu können.“ Alle drei britischen Teamolympiasieger enttäuschten ihre Fans, Topfavorit Nick Skelton, aber auch seine jungen Profikollegen Ben Maher und Scott Brash.

Bei Halbzeit war Eric Lamaze, der Olympiasieger von Hongkong 2008 mit seiner ebenfalls erst neunjährigen Stute Derly aus dem Rennen, ebenso Jos Lansink aus Belgien auf Valentina, der Weltmeister von 2006. Pech hatte Europameister Rolf-Göran Bengtsson, der in Hongkong Silber gewann, schon bei der Tierarztkontrolle am Morgen: Sein Holsteiner Hengst Casall hatte sich im Nationenpreis verletzt, einen sogenannten Ballentritt oberhalb des Hufes zugezogen. Bengtsson entschied, den Hengst vom Wettkampf zurückzuziehen und nicht von den Tierärzten eliminieren zu lassen. „Das Wohl meines Pferdes steht über Olympia“, sagte Bengtsson, der sein Ausscheiden als Sportsmann trug.

Heute, am Schlusstag der Reiterspiele, steht die Kür der Dressurreiter um die Einzelmedaillen an. Das deutsche Silberteam mit Kristina Sprehe auf Desperados, Helen Langehanenberg auf Damon Hill und Dorothee Schneider auf Diva Royal startet von 15.35 Uhr deutscher Zeit hintereinander – eine merkwürdige Auslosung per Computer, die man in der Mannschaftsführung mit Achselzucken zur Kenntnis genommen hat. Equipechef Klaus Röser: „Die drei britischen Reiter und Adelinde Cornelissen bilden das Schlussquartett – eine günstige Startfolge für das Fernsehen.“ Die Frage, ob das die Medaillenchance für die starke Kürreiterin Helen Langehanenberg mindere, mochte Bundestrainer Jonny Hilberath nicht beantworten: „Kürreiten ist Geschmacksache. Ich persönlich finde es falsch, dass die Einzelmedaillen in der Kür vergeben werden. Mir wäre dafür die klassische Tour lieber.“