Mark Todd ist das, was man einen alten Haudegen nennt.
Als die Vielseitigkeit der Reiter noch Military hieß, holte er auf ein und demselben Pferd, dem braunen Wallach Charisma, zweimal Gold hintereinander: 1984 in Los Angeles, 1988 in Seoul. Das hat ihm bis heute keiner nachgemacht. Seine Trophäensammlung ist riesig, der Weltverband hat ihn zurecht zum „Reiter des 20. Jahrhunderts“ gekürt. Danach wurde es lange still um Todd, die Zucht von Rennpferden schien ihm einträglicher als die schwierige Umstellung von der alten Military auf die neuen Regeln der modernen Vielseitigkeit.
Nun ist Mark Todd, mittlerweile 56 Jahre alt, wieder da. Der Haudegen schickt sich an, im Greenwich Park seine sechsten Spiele zu bestreiten. Doch plötzlich ist da ein persönliches Problem – so hat er via Twitter aller Welt verraten: London nervt ihn gewaltig! „Als ich in den Athletenbus einsteigen wollte, sagte der Fahrer: Der ist nicht für Funktionäre.“ Als er sich im olympischen Dorf kostenlos die Haare schneiden lassen wollte, erklärte ihm der Barbier höflich aber bestimmt:
„Das hier ist nur für Athleten, nicht für Trainer oder Funktionäre.“
Die Leute in London glauben, einer, der so kantig und knorrig aussieht wie Mark Todd, schlanke Gestalt, zerfurchtes Gesicht, der könne nie und nimmer ein Aktiver sein, sondern nur irgend so ein Trainer oder Funktionär. Dabei hat Mark Todd vor zwei Jahren bei den Weltreiterspielen in Kentucky Stein und Bein geschworen, er werde alles, aber auch alles daran setzen, wieder genau dorthin zu kommen, wo dieser Boy aus Deutschland, Michael Jung mit Namen, gerade stehe: nämlich nach ganz oben. Und deshalb, so versichert uns Mark Todd, werde er sich für den Rest der olympischen Spiele ein Schild um den Hals hängen mit der Aufschrift
„My name ist Mark Todd. I am an Athlet!“