USA gewinnt Gold vor Kanada – Nur Platz fünf für Ludger Beerbaum & Co.

Die Equipe der Amerikaner ist wie 2004 Olympiasieger im Springreiten. Das deutsche Quartett um Ludger Beerbaum schaffte lediglich den fünften Rang. Bundestrainer Kurt Gravemeier sagte: „Ich bin bitter enttäuscht. Nun müssen wir auf das Einzelfinale am Donnerstag hoffen.“

„Eine Medaille ist Pflicht, wir sind schließlich die Gewinner der vergangenen drei Olympiaden.“

Diese Parole hatte Kurt Gravemeier ausgegeben, ehe im Reitstadion von Sha Tin die Springwettbewerbe begannen. Gestern Abend musste derselbe Kurt Gravemeier ernüchtert feststellen: „Die Equipen von Olympiasieger USA und Silbermedaillengewinner Kanada sind kurzfristig hierher angereist, wir sind schon seit Wochen da – vielleicht war das unser Fehler. Unsere Pferde waren einfach müde, dazu hatten wir Pech und mussten immer wieder leichte Fehler hinnehmen. Uns ist fast nicht gelungen.“

Im zweiten und entscheidenden Umlauf des Nationenpreises, zu dem 50 Reiter und Pferde, neun Teams und ein Dutzend Einzelreiter antreten durften, hatte der Parcourschef Leopoldo Palacios aus Venezuela auf 550 Metern 13 Hindernisse mit 16 Sprüngen aufgebaut. Christian Ahlmann, der mit seinem 15-jährigen Schimmel Cöster als erster in die Bahn musste, kehrte mit einem Abwurf zurück: „Mein Pferd sprang heute gut, aber ich kann mit dem Verlauf der Spiele nicht zufrieden sein.“

Marco Kutscher mit Cornet Obolensky machte es mit 19 Strafpunkten noch schlechter als am Tag zuvor: „Mein Schimmel hat mir heute die Gefolgschaft verweigert. Alles ist in die Hose gegangen, anders kann man das nicht sagen.“ Für Kutscher sind die Reiterspiele vorbei, den Einzug ins Einzelfinale hat er verpasst.

Meredith Michaels-Beerbaum sagte nach ihrem guten Vier-Fehler-Ritt auf Schutterfly: „Wir hatten fest vor, um die Medaillenchance zu kämpfen, aber es ist leider nicht gelungen. Ich bin zum erstenmal bei Olympischen Spielen und wäre gerne mit einer Mannschaftsmedaille nach Hause gekommen.“ Jetzt werde sie ihre Konzentration auf das Einzelfinale am Donnerstag richten, wo es für alle Reiter wieder bei null losgehe.

Ludger Beerbaum setzte mit All Inclusive für die Deutschen den Schlusspunkt: sechs Strafpunkte. Sein Kommentar: „Mit dem was wir hier gezeigt haben, können wir nicht zufrieden sein. Wir sind als Topfavoriten angereist – nun sind wir fünfte, gemeinsam mit den Niederländern, die ihre beiden besten Reiter bekanntlich zu Hause lassen mussten. Wir hätten noch drei Tage lang weiter reiten können, es wäre nicht mehr dabei herausgekommen.“

Zuletzt 1992 in Barcelona waren die Deutschen ohne Medaille geblieben und hatten im Mannschaftsspringen nur den elften Platz belegt. Damals war Ludger Beerbaum als 44. von 45. Reitern ins Finale eingezogen und hatte mit Classic Touch Gold gewonnen. Bei diesen Olympischen Spielen dürfen nur 35 Reiter antreten – Beerbaum hat sich gestern als 35. und letzter qualifiziert.

Während das deutsche Reiterquartett seine selbstkritische Analyse in Kameras und Mikrofone sprach, mussten die Reiter der USA und Kanada um die Goldmedaille stechen – nach beiden Umläufen hatten sie mit jeweils 20 Strafpunkten gleichauf gelegen. Vize-Weltmeisterin Beezie Madden, Laura Kraut, McLain Ward und Will Simpson holten Gold.

Bei den Kanadiern, die Silber gewannen, gab es eine geradezu sportgeschichtliche Besonderheit: Der 61-jährige Ian Millar aus Ontario, mit neun olympischen Spielen einer der „dienstältesten“ Spitzensportler überhaupt, gewann gestern mit seinen Team seine erste Medaille.

Nach der Blamage im Mannschaftsspringen ruhen die Hoffnungen von Bundestrainer Gravemeier nun auf dem kommenden Donnerstag:

„Ich hoffe, dass sich unsere Pferde bis dahin erholen und wir dort zum Abschluss unserer Wettkämpfe noch eine gute Rolle spielen können.“

Für den 50-Jährigen, der seit 2001 die Verantwortung für den Championatskader trägt, könnte es nach diesen Spielen eng werden. Traditionsgemäß laufen die Verträge mit den Bundestrainern nach Olympia aus. Ob Gravemeier im Amt bleibt oder nicht, entscheidet sich in den kommenden Wochen.

Trotz des schwachen Auftritts der Springreiter besteht die mehr als berechtigte Hoffnung auf weiteres olympisches Edelmetall für die Stars im Sattel: Isabell Werth und ihr Satchmo treten heute Abend an zum Thriller auf dem Dressurviereck gegen die Niederländerin Anky van Grunsven mit Salinero. Heike Kemmer und ihr Bonaparte haben die Chance, sich in diesem Kürfinale die Bronzemedaille zu sichern.