Die deutschen Reiter reisen mit ziemlich breiter Brust zu den olympischen Spielen nach Hongkong.

Denn ihre Generalprobe in der Aachener Soers ist geglückt: Ob Springen, Vielseitigkeit oder Dressur – in allen drei Disziplinen haben die Teams des Gastgebers die letzten Mannschaftswettbewerbe gewonnen, ehe es in Sha Tin und am Beas River um die Medaillen geht. Den Springreitern um ihren Star Meredith Michaels-Beerbaum gelang ein überzeugender Sieg im Preis der Nationen.

Die Vielseitigkeitsreiter dominierten ihren Dreikampf aus Dressur, Springen und Geländeritt, obwohl Bettina Hoy, ihre beste, wegen der Verletzung ihres Schimmels Ringwood Cockatoo den Wettbewerb gar nicht beenden konnte; ob sie mit zu den Spielen fahren kann, ist ungewiss. Auf dem Dressurviereck war einmal mehr Isabell Werth das Maß der Dinge. Sie wird sich mit der Niederländerin Anky van Grunsven einen dramatischen Kampf um die Goldmedaille liefern.

Apropos Dressur. Diese Sportart, bei der Damen und Herren in Frack und Zylinder auf edlen Pferden durch ein Sandviereck von zwanzig mal sechzig Metern piaffieren, passagieren und traversieren – sie umgibt ein kurioses Image: Einerseits imponiert dem Laien, dass die Deutschen seit 1976 stets die Goldmedaille geholt haben und als sichere Bank gelten, andererseits hat gerade diese Sparte des Pferdesports große Probleme mit ihrem Image, denn die Laien tun sich schwer zu verstehen, warum nun dieser Ritt traumhaft gelungen scheint, während jener nur zur roten Laterne reicht.

Nun steht zu befürchten, dass es mit der Goldmedaille in der Mannschaftswertung nichts mehr werden wird. Die Konkurrenz aus den Niederlanden, die in Aachen fehlte, um sich nicht in die Karten blicken zu lassen, ist der Papierform nach der klare Favorit. Man bedenke: Sjef Jansen, ihr cleverer Teamchef, schickte nur seine Ersatzreiterin in die Soers, die international kaum bekannte Adelinde Cornelissen.

Die erkämpfte sich zweite Plätze hinter Isabell Werth, war also deutlich stärker als Heike Kemmer und Nadine Capellmann, die deutschen Nummern zwei und drei. Die Pferdefreunde hier zu Lande müssen sich, wohl oder übel, auf eine schlechte Nachricht aus Hongkong einstellen: Unsere Dressurreiter sind nach mehr als dreißig Jahren Dominanz leider keine sichere Goldmedaillenbank mehr. Nach ihrer ersten Niederlage bei der EM 2007 in Turin droht ihnen jetzt auch eine Niederlage in Hongkong.

Allzu lange hat man die konsequente Nachwuchsarbeit mit jungen Pferden und Reitern versäumt. Nun kann nur noch ein sportliches Wunder helfen – aber im Dressurreiten sind Wunder selten.