Im Zeitalter der famosen sozialen Medien müssen wir immer und überall mit Überraschungen rechnen. So nehmen wir erstaunt zur Kenntnis, dass es nicht ausreicht, zehn olympische Medaillen gewonnen zu haben, darunter sechsmal Gold, um die deutsche Fahne tragen zu dürfen bei der Eröffnung der olympischen Spiele.
Isabell Werth hat es bei der digitalen Abstimmung via Internet nur auf Platz drei geschafft – hört, hört! Laura Ludwig vom Beachvolleyball, die Olympiasiegerin von Rio, bekommt nun morgen Mittag unserer Zeit die Ehre, gemeinsam mit dem Turmspringer Patrick Hausding. Beide stehen vor ihren vierten Spielen, für Isabell Werth werden es ihre sechsten sein.
Ich werde den Eindruck nicht los, dass es bei dieser Art von Wahlen gar nicht um die eigene Leistung und/oder die eigenen Verdienste geht, sondern einzig darum, wer es schafft, via Internet seine Fans zu mobilisieren. So gesehen, hat das Dressurreiten keine Chance gegen das Beachvolleyball. Der traditionsreiche Pferdesport unterliegt der sexy Trendsportart um Längen. Ob das Reiterlager selbst seine „Dressur-Königin“ genügend unterstützt hat, lässt sich nicht klären.
Der Vorgang ist – jedenfalls nach meiner Meinung – peinlich. Einerseits für den DOSB, den Deutschen Olympischen Sportbund, der Isabell Werth ohne Not ein stückweit kompromittiert, andererseits aber auch für Isabell Werth selbst, die mit einem völlig unverdienten Dämpfer in die Spiele starten muss. Immerhin setzen unsere Reiter morgen ein kleines Zeichen, indem sie der Eröffnungsfeier fernbleiben, sich ganz auf ihre Wettkämpfe konzentrieren. Sie werden, da bin ich mir ganz sicher, nach dem uralten Fußballermotto „Entscheidend is aufm Platz!“ die passende Antwort geben.
Apropos peinlich. Seit gestern wissen wir, dass die olympischen Spiele 2032 im australischen Brisbane stattfinden werden. Einen Gegenkandidaten – oder sagen wir besser einen Mitbewerber – gab es nicht. Halt, stopp! Die Initiative Rhein-Ruhr mit dem Sportvermarkter Michael Mronz an der Spitze, wäre gerne als deutscher Bewerber für 2032 angetreten. Aber der bereits erwähnte DOSB mit seinem Präsidenten Alfons Hörmann an der Spitze ließ Michael Mronz und seine Unterstützer, zu denen übrigens auch die Aachener mit ihrem CHIO zählten, eiskalt abblitzen.
Sagen wir mal so an dieser Stelle: Unsere FN und unser DOKR nebst allen ihren Landesverbänden – sie müssen endlich ihre freundlich-defensive Haltung ablegen, sich in der sportpolitischen Öffentlichkeit stärker zu Wort melden, sich engagiert und professionell neu aufstellen. Die Zeiten, in denen man sich vornehm zurückhalten konnte, ohne Nachteile fürchten zu müssen, sind vorbei. Viel Arbeit für den neuen FN-Präsidenten Hans-Joachim Erbel.