Paul Schockemöhle weiß, dass es keine Pferdeflüsterer gibt. Dieser Paul Schockemöhle ist ein Genie. Als junger Kerl hat er dem Schah von Persien einen riesigen Hühnerhof verkauft und damit seine erste Million gemacht.
Die Reiterkameraden riefen ihn fortan „Hühner-Paul“ – das ließ den Bauernsohn aus dem Oldenburgischen völlig kalt. Wenn’s auf dem Turnier eine Pause gab, spielte er mit ihnen Skat, gewann immer, zog ihnen das Geld nur so aus der Tasche. Im Parcours ließ er sie eiskalt hinter sich, wurde in den Achtzigern dreimal hintereinander Europameister – stets mit Deister. Bis heute ein einsamer Rekord.
Vom „Hühner-Paul“ ist keine Rede mehr. Der heute 63-Jährige gilt unangefochten als größter Pferdezüchter- und Händler Europas. Im brandenburgischen Lewitz besitzt er an die 3000 Pferde, in Mühlen in Oldenburg, seiner Heimat, eine Hengststation und einen Verkaufsstall. Mit seiner PSI-Auktion – Performance Sales International – setzt er jeden Dezember Millionen um.
Mit dem Kauf des „Wunderhengstes“ Totilas hat Schockemöhle auf dem weltweiten Pferdemarkt den größten Coup der letzten Jahre gelandet. Nun räumt er selbstkritisch ein, dass das mit Totilas nur suboptimal gelaufen ist. Keiner versteht so viel von Pferden, niemand weiß besser, dass es gar keine Pferdeflüsterer gibt. Der ausgeschlafene Paul steht nur früher auf und geht später zu Bett als alle anderen. So verkauft man Pferde.
Bei den Reiterspielen im Greenwich Park ist der clevere Paul in der Mannschaftskluft der Ukraine unterwegs. Spöttisch sagt er über das blaugelbgrüne Kunterbunt: „Ich sehe aus wie ein Papagei!“ Der ukrainische Multi-Millionär Alexsander Onischenko schwört auf Schockemöhles Genialität in Sachen Pferde, kauft bei ihm nur, was top und teuer ist. Der bodenständige Multiunternehmer aus Oldenburg sagt:
„Ich hab im Lauf der Jahre viele Klamotten von Olympiateams getragen und aufgehoben – die chinesischen, die südkoreanischen, auch viele deutsche.“ Soll heißen: Wes Rock ich trag‘, des Lied ich sing.“
Olympia mache ihm besonders viel Spaß, versichert Schockemöhle. Dieser Tage vor der Greenwich Tavern, dem Pub, in dem sich abends alle Reitersleute treffen, schmeißt er großzügig eine Runde für alle. Es dauert etwas, bis er mit dem Tablett herauskommt. „Tut mir leid, ich hab‘ drinnen gerade noch ein Pferd verkauft.“